BGH: Wichtige Neuerungen bei der Heizkostenabrechnung; Auch WEG-Jahresabrechnungen werden erneut komplizierter
von Rechtsanwalt Mathias Münch
Der Bundesgerichtshof hat sich im Februar zweimal grundsätzlich mit der Heizkostenabrechnung beschäftigt: am 01.02.2012 in einem wohnungsmietrechtlichen Rechtsstreit (VIII ZR 156/11) und am 17.02.2012 in einer wohnungseigentumsrechtlichen Sache (V ZR 251/10). In beiden Fällen hielt der BGH die Abrechnung nach dem so genannten Abflussprinzip für nicht ordnungsgemäß.
Grundsätzlich gilt nach der bisherigen BGH-Rechtsprechung: Im Mietrecht steht das Abflussprinzip gleichwertig neben dem Leistungsprinzip. Der Vermieter darf also entscheiden, ob er die innerhalb der Abrechnungsperiode tatsächlich geleisteten Zahlungen und vereinnahmten Rückerstattungen in die Nebenkostenabrechnung einstellt oder eine Abgrenzung vornimmt und die Kosten für die im Abrechnungsjahr erbrachten Leistungen unabhängig von ihrer Rechnungslegung und Bezahlung umlegt. Bei den Heizkosten gilt dies ab sofort nicht mehr, deren Abrechnung nach dem Abflussprinzip ist nach der neuesten BGH-Rechtsprechung nicht mit § 7 Abs. 2 Heizkostenverordnung vereinbar. Werden dem Vermieter also z.B. Energie oder Brennstoffe geliefert, dürfen nur die Kosten der im Abrechnungszeitraum tatsächlich verbrauchten Energie oder Brennstoffe abgerechnet werden. Eine Abrechnung nach Vorauszahlungen ist unzulässig, Nachzahlungen oder Guthabenrückzahlungen müssen für die Abrechnung des Vorjahres berücksichtigt werden. Für die Erstellung der Nebenkostenabrechnung werden Vermieter künftig die Vorjahresabrechnung des Versorgungsunternehmens abwarten müssen, soweit „warme“ Nebenkosten anfallen.
Dasselbe gilt nach dem Urteil vom 17.02.2012 nun auch für die Einzelabrechnung im WEG-Recht. Bislang mussten die Jahresabrechnung streng nach dem Abflussprinzip erstellt und aus der Gesamtabrechnung die Einzelabrechnungen der Eigentümer entwickelt werden. Zukünftig müssen die Heizkosten in der Gesamtabrechnung weiterhin nach dem Abflussprinzip abrechnet werden, da die Gesamtabrechnung eine geordnete und übersichtliche Zusammenstellung der tatsächlich geflossenen Einnahmen und Ausgaben zu sein hat.
In der Einzelabrechnung dagegen sind die Kosten dem Verbrauch entsprechend zu berücksichtigen, es ist also nach dem Leistungsprinzip abzurechnen. Damit ergeben sich zwangsläufig Differenzen zwischen Gesamt- und Einzelabrechnung bei Brennstoff- oder Energielieferungen, die der Verwalter in der Abrechnung verständlich erläutern muss. Nachdem der BGH bereits mit Urteil vom 04.12.2009 die bis dahin überwiegend übliche Darstellung der Einnahmen und Ausgaben hinsichtlich der Instandhaltungsrücklage für unzulässig erklärt hatte, wird die Jahresabrechnung mit diesem Urteil noch einmal komplizierter und der Erläuterungsaufwand höher.
Veröffentlicht in: Das Grundeigentum Heft 7/2012, Beilage RDM-Kompakt, April 2012
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Ich bin Miteigentmer einer Wohnanlage mit 48 Wohngen = 40912 Miteigentumsanteile (MEA)..
Unser Verwalter rechnet die Heizkosten 2015 wie folgt
ab:
Gesamtabrechnung = 71.199,28 €
Anteil für eine Wohnung von 890 MEA = 1.548,87 €.
( Verteilung ausschließlich über MEA )
Einzelabrechnung = 69.185,78 €.
Anteil für die gleiche Wohnung = 5.187,24 €
( Verteilung nach Verbrauch entsprechend der HKVO)
Ich halte eine solche Abrechnung für falsch, der
Verwalter beruft sich auf ein Urteil des BGH vom 17.02.2012, V ZR 251/10.
Ich berufe mich auf ein Urteil des AG Bremen vom
13.12.2013, 29 C 88/13.
Ich bitte hierzu um Ihre Einschätzung.
Adolf Schupp
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Zwischen den Entscheidungen des BGH vom 17.02.2012 – V ZR 251/10, und des AG Bremen vom 13.12.2013 – 29 C 88/13, besteht meiner Meinung nach keine Diskrepanz. Das AG Bremen hat sich ausdrücklich auf die BGH-Entscheidung bezogen und diese umgesetzt. In Ihrem Fall kann es so sein, dass die bezahlten Brennstoff- bzw. Fernwärmekosten höher waren als die verbrauchten. Daher kommt die Differenz in Gesamt- und Einzelabrechnung. Dass Ihr Verbrauchsanteil nicht dem MEA-Anteil entspricht, mag an Ihrem Verbrauchsverhalten liegen. Dies alles kann ich allerdings nur einschätzen, wenn mir die gesamte Jahresabrechnung vorliegt.
Freundlichen Gruß!
Mathias Münch