Achtung WEG-Verwalter und Beiräte: Grundlegende Änderung der Jahresabrechnung nach Urteil des Bundesgerichtshofes
von Rechtsanwalt Mathias Münch
Das kürzlich veröffentlichte Urteil des Bundesgerichtshofs vom 04.12.2009, V ZR 44/09, verändert die Anforderungen an eine ordnungsmäßige Jahresabrechnung grundlegend und hat Auswirkungen auf den größten Teil der anstehenden Jahresabrechnungen: Zuführungen zur Instandhaltungsrücklage dürfen in der Jahresabrechnung nicht mehr als Ausgabe gebucht werden!
Jahrelange Übung der WEG-Verwalter war es, die nach dem Wirtschaftsplan auf die Instandhaltungsrücklage zu zahlenden Beträge einerseits als Ausgabe in die Jahresabrechnung und andererseits als Zufluss in die Entwicklung der Instandhaltungsrücklage einzustellen. Im konkreten Fall hatte der Verwalter auf der Ausgabenseite unter „sonstige Kosten“ die Sollbeträge der Zuführung zur Rücklage gebucht, obwohl nicht alle Wohnungseigentümer ihren Anteil an der Rücklage geleistet hatten.
Der BGH erteilte dieser weit verbreiteten Abrechnungspraxis in mehrfacher Hinsicht eine Absage. Zum einen muss die Jahresabrechnung in einer geordneten Zusammenstellung der tatsächlich geflossenen Einnahmen und Ausgaben bestehen, die Soll-Beträge dürfen nicht mehr in die Abrechnung eingestellt werden. Die Buchung von Soll-Beträgen entspricht laut BGH nicht den gesetzlichen Anforderungen, da diese Beträge eventuell nicht zur Verfügung stehen und die Abrechnung damit irreführend und nicht mehr ohne fachliche Hilfe nachvollziehbar ist. Zum anderen dürfen auch die Ist-Zuführungen zur Instandhaltungsrücklage nicht als fiktive Ausgaben oder „sonstige Kosten“ in die Abrechnung eingestellt werden. Denn hierbei handelt es sich nicht um einen realen Abfluss aus dem Vermögen der Eigentümergemeinschaft, sondern um eine Umbuchung, allenfalls um eine Weiterleitung von Zahlungseingängen auf ein gesondertes Rücklagenkonto. Zukünftig wird die Differenz von Einnahmen und Ausgaben nicht mehr dem Guthaben oder Nachzahlungsbetrag des Eigentümers entsprechen, da hiervon noch die geschuldeten Beiträge zur Instandhaltungsrücklage abgezogen werden müssen. Bei der Entwicklung der Rücklage müssen neben den tatsächlichen Einnahmen die noch ausstehenden Beiträge gesondert ausgewiesen werden.
Jahresabrechnungen, die Soll-Beträge enthalten oder in denen die Rücklage als Kostenposition erscheint, sind fehlerhaft. Bereits beschlossene Jahresabrechnungen sind ebenso anfechtbar wie die Entlastung des Verwalters oder des Beirats, wenn dieser die Abrechnung geprüft und unbeanstandet gelassen hat.
Veröffentlicht in: Das Grundeigentum Heft 7/2010, Beilage RDM-Kompakt April 2010