Mietkaution: Fristlose Kündigung bei Nichtzahlung und Verjährung
von Rechtsanwalt Mathias Münch
Die Rechtsprechung hat in den letzten Monaten gehäuft Entscheidungen zur Mietkaution hervorgebracht, die einiges an Neuem und Klärendem enthalten. Kürzlich wurde ein Berufungsurteil der 67. Zivilkammer des Landgerichts Berlin veröffentlicht, nach dem die Nichtzahlung der Kaution auch im Wohnungsmietrecht zu einer vermieterseitigen fristlosen Kündigung führen kann (Urteil v. 17.10.2011, 67 S 58/11). Die fristlose Kündigung setzt einen wichtigen Grund voraus, z.B. einen Mietrückstand von zwei Monatsmieten oder, wenn der Mieter in zwei aufeinander folgenden Monaten zu wenig zahlt, von mehr als einer Monatsmiete.
Ob auch die Nichtzahlung der Kaution einen wichtigen Kündigungsgrund darstellt, ist umstritten. Das Landgericht Berlin hielt bislang „die hartnäckige Verweigerung“ der Zahlung der Mietkaution für einen wichtigen Grund. Mit seinem Urteil vom 17.10.2011 hat das LG Berlin nun klargestellt, dass die Nichtzahlung der Kaution eine erhebliche Vertragsverletzung bedeutet, die nach vorheriger Abmahnung – in dem entschiedenen Fall war mehrfach gemahnt worden – eine fristlose Kündigung rechtfertigt. Erst im Juni hatte das OLG Koblenz für das Gewerbemietrecht entschieden, dass die Nichtzahlung der vertraglich vereinbarten Kaution eine schwerwiegende Vertragsstörung und damit einen außerordentlichen Kündigungsgrund darstellt (Beschluss v. 5.5./3.6.2011, 2 U 793/10). Beide Gerichte verweisen dabei auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der die Sache jedenfalls bei Gewerberäumen ebenso sieht (BGH GE 2007, 711). Berliner Mietvertragsparteien können sich jetzt darauf einstellen, dass diese Rechtsprechung auf die Wohnungsmiete übertragbar ist.
Weitere Klärung gab es zu Rechtsfragen rund um die Verjährung des Anspruchs auf Zahlung bzw. Rückzahlung der Mietkaution. Grundsätzlich verjähren solche Ansprüche innerhalb von 3 Jahren. Die Verjährung beginnt am Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen und der Person des Schuldners hat. Geklärt ist, dass der Anspruch des Vermieters auf die Mietkaution während des Mietverhältnisses nicht quasi „immer wieder neu entsteht“ und damit praktisch unverjährbar ist, sondern der regelmäßigen, 3-jährigen Verjährung unterliegt (z.B. Kammergericht GE 2008, 671). Da die Kaution in 3 monatlichen Raten ab Beginn des Mietverhältnisses fällig wird, können diese 3 Raten, wenn sie sich über einen Jahreswechsel erstrecken, in verschiedenen Jahren verjähren (AG Schöneberg, Urteil v. 8.6.2010, 15 C 23/10).
Der Anspruch des Mieters auf Kautionsrückzahlung verjährt ebenfalls in 3 Jahren, aber ab wann? Die Rechtsprechung will die Verjährung erst nach Ablauf eines angemessenen, in der Regel 6-monatigen Überlegungs- und Prüfzeitraums des Vermieters beginnen lassen (OLG Düsseldorf GE 2005, 796; AG Erfurt WuM 2010, 561). Das Landgericht Berlin scheint dieselbe Auffassung zu vertreten (GE 2011, 484): Der Anspruch auf Kautionsrückzahlung steht unter der aufschiebenden Bedingung der Beendigung des Mietvertrages und der Rückgabe der Wohnung. Aber erst, wenn der Anspruch gerichtlich durchgesetzt werden kann, d.h. nach Ablauf der Prüffrist, ist er fällig. Demnach hängt auch die Verjährung vom Ablauf einer oft unsicheren Zeitspanne ab.
Der BGH meint (GE 2011, 1013): Hat der Vermieter eine Kaution von mehr als 3 Nettokaltmieten vom Mieter erhalten, steht diesem unmittelbar ab dem Zeitpunkt der Zahlung die Rückzahlung des überschießenden Betrages zu. Auch dieser Rückzahlungsanspruch verjährt innerhalb von 3 Jahren, aber nicht ab dem Schluss des Jahres, in dem das Mietverhältnis geendet hat, sondern in dem der Mieter den Zuvielbetrag entrichtet hat. Entscheidend ist nur die Kenntnis des Mieters von der Zahlung selbst, nicht die zutreffende rechtliche Einschätzung, dass die Kaution gesetzlich auf 3 Monatsmieten begrenzt ist.
Update vom 5.7.2014:
Im Wohnungsmietrecht hat sich die Frage, ob die Nichtzahlung der Kaution einen Kündigungsgrund darstellt, mit der Mietrechtsreform 2013 erledigt: Nach § 569 Abs. 2a BGB ist die Kündigung jetzt möglich, wenn der Rückstand bei der Kaution 2 Monatsmieten erreicht.
Außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund
§ 569 Abs. 2a BGB:
“Ein wichtiger Grund im Sinne des § 543 Absatz 1 liegt ferner vor, wenn der Mieter mit einer Sicherheitsleistung nach § 551 in Höhe eines Betrages im Verzug ist, der der zweifachen Monatsmiete entspricht. Die als Pauschale oder als Vorauszahlung ausgewiesenen Betriebskosten sind bei der Berechnung der Monatsmiete nach Satz 1 nicht zu berücksichtigen. Einer Abhilfefrist oder einer Abmahnung nach § 543 Absatz 3 Satz 1 bedarf es nicht.”
Veröffentlicht in: Das Grundeigentum Heft 1/2012, Beilage RDM-Kompakt, Januar 2012