Gebrauchsüberlassung der Ehewohnung – Konflikt zwischen Mietrecht und Familienrecht?
von Rechtsanwältin Dr. Catharina Kunze, Rechtsanwalt Mathias Münch
Mit dem Urt. v. 12.6.2013 – XII ZR 143/11 hat der BGH entschieden, dass ein Ehegatte, der nicht Partei des vom anderen Ehegatten geschlossenen Mietvertrages ist, nicht Dritter i.S.d. §§ 540, 553 BGB sein kann, solange es sich bei der von ihm bewohnten Wohnung um eine Ehewohnung handelt. Diese Entscheidung des BGH gibt Anlass, den Begriff des „Dritten“ im Zusammenhang mit der Gebrauchsüberlassung einer Wohnung und den Begriff der „Ehewohnung“, v.a. vor dem Hintergrund der §§ 1361b und 1568a BGB näher zu beleuchten.
I. Dritter i.S.d. §§ 540, 553 BGB
1. Gebrauchsüberlassung an Dritte
§ 540 Abs. 1 Satz 1 BGB bindet die Überlassung eines Mietobjekts an einen Dritten zu dessen Gebrauch an die vorherige Zustimmung des Vermieters, gleich ob die Mietsache als Ganzes oder nur ein Teil davon überlassen werden soll. Umfasst ist nach dem Wortlaut der Norm die unentgeltliche Gebrauchsüberlassung, aber auch die Weitervermietung an Dritte. Ein Anspruch auf Zustimmung zur Gebrauchsüberlassung eines Teils der Wohnung (aber nicht der gesamten Mietsache) kann bei Vorliegen eines berechtigten Grundes gem. § 553 Abs. 1 BGB bestehen. Die Verweigerung der Zustimmung verschafft dem Mieter nach § 540 Abs. 1 Satz 2 BGB ein Recht zur außerordentlichen Kündigung, die unerlaubte Gebrauchsüberlassung an Dritte gibt dem Vermieter das Recht zur Abmahnung und Kündigung gem. § 543 Abs. 2 Nr. 2 BGB.
2. „Dritter“
Zu den Dritten i.S.d. §§ 540, 553 BGB gehören im Licht des Art. 6 GG nicht der engste Familienkreis des Mieters. Das sind der Ehepartner und Kinder, Stiefkinder, nach den Umständen des Einzelfalles auch die Eltern oder Enkel. Diesen Personen, aber auch Hausangestellten und Pflegepersonen des Mieters darf der Mitgebrauch an der Wohnung erlaubnisfrei eingeräumt werden, nicht aber Geschwistern und verschwägerten Familienangehörigen. Eingetragene Lebenspartner sind gem. § 11 Abs. 1 LPartG Ehepartnern gleichgestellt. Dagegen bedarf die Aufnahme nichtehelicher Lebensgefährten der vorherigen Erlaubnis des Vermieters. Freilich kann auch bei entfernteren Verwandten, Lebensgefährten und anderen ein Anspruch auf Erlaubnis zur Untervermietung bzw. Gebrauchsüberlassung entstehen, wenn der Mieter vernünftige – wirtschaftliche, persönliche oder rechtliche – Gründe darlegt, die seinen Wunsch nach Überlassung eines Teils der Wohnung plausibel erscheinen lassen, so die gängige Definition des berechtigten Interesses i.S.d. § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB. Bei einer solchen befugten Besitzüberlassung hat der Mitbewohner ein abgeleitetes Recht zum Besitz i.S.d. § 986 BGB.
Beraterhinweis: Liegt ein Räumungstitel gegen den Mieter vor und hat dieser ohne Kenntnis des Vermieters einem Dritten den (Mit-)Besitz an der Wohnung eingeräumt, kann gegen den Dritten gem. § 940a ZPO eine einstweilige Verfügung auf Räumung erwirkt werden. In diesem Zusammenhang ist tatsächlich jede dritte Person gemeint, so dass auch der Ehegatte von einer Räumungsverfügung betroffen sein kann. Ehegatten und Lebenspartner sind demnach gut beraten, dem Vermieter ihren Einzug in die Wohnung zur Kenntnis zu bringen. Für die Aufnahme von Stiefkindern, Eltern und Enkeln sollte, von anderen Familienmitgliedern muss die Erlaubnis des Vermieters eingeholt werden; das berechtigte Interesse dürfte sich regelmäßig plausibel darlegen lassen.
II. Ehewohnung i.S.d. §§ 1361b, 1568a BGB
1. Das System der §§ 1361b, 1568a BGB
Die Ehewohnung behandelt das BGB in den §§ 1361b und 1568a BGB. Als familienrechtliche Vorschriften betreffen sie vorrangig das Innenverhältnis, haben aber auch mietrechtliche Wirkung. § 1361b eröffnet für den Fall, dass ein Ehepartner vom anderen getrennt leben möchte oder schon die Trennung, aber noch nicht die Scheidung vollzogen ist, die Möglichkeit, vom anderen Ehepartner die alleinige Nutzung der Wohnung – ganz oder teilweise – zu beanspruchen und gerichtlich durchzusetzen, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Nach §§ 1361b Abs. 4 BGB wird sechs Monate nach dem Auszug vermutet, dass der Ausgezogene dem in der Wohnung Verbliebenen das alleinige Nutzungsrecht an der Wohnung endgültig überlassen hat, wenn er dem anderen gegenüber nicht eine ernstliche Rückkehrabsicht bekundet hat.
§ 1568a BGB bestimmt das Schicksal der Ehewohnung nach der Scheidung: Wer, v.a. mit Blick auf die im elterlichen Haushalt lebenden Kinder, eher auf den Verbleib in der Ehewohnung angewiesen ist, soll vom anderen Ehepartner die Überlassung der Wohnung zur alleinigen Nutzung verlangen können, wenn das der Billigkeit entspricht. Aus der Sicht des Mietrechtlers besonders interessant ist § 1568a Abs. 3 BGB. Die Eheleute können einvernehmlich die Überlassung der Wohnung an einen von ihnen regeln und dem Vermieter durch einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung anzeigen; das Mietverhältnis geht dann auf den verbleibenden Ehegatten über und wird mit diesem zu den bisherigen Konditionen fortgesetzt. Das gilt auch, wenn der ausgezogene Ehegatte bislang alleiniger Mieter war. Eine bereits in der Trennungsphase nach § 1568a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB abgegebene Erklärung wirkt erst ab Rechtskraft der Scheidung.
Beraterhinweis: Eine einseitige Mitteilung an den Vermieter, einer der Ehe-/Lebenspartner sei ausgezogen, reicht nicht.
Anstelle einer einvernehmlichen Regelung kann die Endentscheidung im Wohnungszuweisungsverfahren stehen, mit Rechtskraft der Entscheidung tritt der verbleibende Ehegatte in das Mietverhältnis ein bzw. setzt es allein fort, § 1568a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BGB. Besteht kein Mietverhältnis mit einem Ehegatten oder mit beiden mehr, kann das Gericht nach § 1568a Abs. 5 BGB ein Mietverhältnis zu ortsüblichen Bedingungen begründen.
Beraterhinweis: Ein Jahr nach Rechtskraft der Endentscheidung in der Scheidungssache erlischt der Anspruch auf Eintritt in ein Mietverhältnis oder auf dessen Begründung, wenn er nicht vorher rechtshängig gemacht worden ist, §§ 1568a Abs. 6 BGB. Bei der Beratung über Scheidungsfolgen sollte daran gedacht werden, dass der Wohnungsüberlassungsanspruch rechtzeitig vor Ablauf der Jahresfrist rechtshängig gemacht bzw., bei einvernehmlicher Nutzungsüberlassung, die Erklärung gem. § 1568a Abs. 3 BGB gegenüber dem Vermieter abgegeben werden muss.
2. Weitere gesetzliche Regelungen zur Ehewohnung
Für eingetragene Lebenspartner ist § 14 LPartG dem § 1361b BGB nachgebildet, § 1568a BGB gilt nach § 17 LPartG entsprechend. Die Anwendung der BGB-Regelungen zur Ehewohnung auf nicht verheiratete Lebensgefährten ist schon begrifflich ausgeschlossen. Die Regelungen zur Überlassung der gemeinsamen Wohnung nach § 2 GewSchG, ist auch, aber nicht nur auf Eheleute anwendbar; insoweit gilt § 1361b BGB als lex specialis.
3. „Ehewohnung“
Der Begriff „Ehewohnung“ ist weit auszulegen und erfasst alle Räume, die von den Ehegatten als gemeinsame Wohnung benutzt werden, wurden oder dafür bestimmt waren. Vorwiegend gewerblich genutzte Räume gehören nicht hierzu. Ob die Eheleute in der Wohnung ihren gemeinsamen Lebensmittelpunkt haben oder hatten, ist für die Qualifizierung als „Ehewohnung“ nicht relevant, insofern kann auch ein Garten- oder Wochenendhaus oder eine regelmäßig genutzte Ferienwohnung Ehewohnung sein, wenn die Ehepartner dort einen Schwerpunkt ihres Lebens haben. Dagegen gilt das zu gelegentlichen, vorübergehenden Tagesaufenthalten genutzte Domizil nicht als Ehewohnung. Der Begriff der Ehewohnung in § 1568a BGB ist der gleiche wie in § 1361b BGB.
Beraterhinweis: Die gemeinsam genutzte Mietwohnung ist auch dann Ehewohnung, wenn nur einer der Ehegatten Mietvertragspartner ist, wenn andere – auch getrennte – Wohnsitze bestehen oder wenn der Lebensmittelpunkt eines Ehegatten oder auch beider Ehegatten nicht in der gemeinsamen Wohnung liegt.
4. „Ehewohnung“ auch nach Auszug eines Ehegatten?
Nach familienrechtlicher Auffassung anerkannt war bereits, auch schon unter Geltung der Hausratsverordnung, dass die von den Eheleuten zum Wohnen genutzten Räumlichkeiten auch dann Ehewohnung bleiben, wenn ein Ehegatte vorübergehend oder für lange Zeit auszieht. Sie soll auch dann Ehewohnung bleiben, wenn sie von den vormaligen Ehegatten nach der Scheidung weiter benutzt wird. Die Eigenschaft als Ehewohnung wird dann aufgehoben, wenn (mindestens) einer der Ehegatten die Nutzung endgültig aufgibt, weil z.B. eine endgültige Nutzungsregelung getroffen wurde oder die Ehewohnung veräußert werden soll.
III. BGH, Urt. v. 12.6.2013 – XII ZR 143/11
1. Die Entscheidung
Die bereits eingangs erwähnte BGH-Entscheidung vom 12.6.2013 befasst sich mit der Eigenschaft „Ehewohnung“ im Zusammenhang mit den untermietrechtlichen Vorschriften der §§ 540, 553 BGB. Der Entscheidung lag die Konstellation zugrunde, dass der ausgezogene Ehegatte alleiniger Mieter war und die Ehe kurz vor ihrer Scheidung stand. Der BGH entschied, dass der Ehegatte des Mieters auch dann nicht Dritter i.S.d. § 540, 553 BGB sei, wenn die Trennung durch Auszug des Mieters vollzogen wurde und die Wohnung dem anderen Ehegatten, der selbst nicht Mietvertragspartei ist, zunächst überlassen wurde. Der verbleibende Ehegatte ist solange kein „Dritter“, wie die Wohnung noch als „Ehewohnung“ anzusehen ist. Solange der ausgezogene Ehegatte dem anderen die Wohnung nur vorübergehend überlassen hat bzw. sie sporadisch nutzt und nicht endgültig aufgibt, bleibt sie Ehewohnung. Der BGH begründet dies damit, dass ansonsten die Möglichkeiten der Wohnungszuweisung nach §§ 1361b, 1568a BGB unterlaufen würden.
2. Offene Rechtsfragen
Die Entscheidung wirft zahlreiche Fragen für die praktische Umsetzung auf. Ab wann eine endgültige Nutzungsüberlassung angenommen werden muss, hat der BGH offen gelassen. Hat ein Ehegatte seinen Lebensmittelpunkt aus der Ehewohnung weg verlagert, liegt zwar ein Auszug i.S.d. § 1361b Abs. 4 BGB vor, es muss sich aber noch nicht um eine endgültige Nutzungsüberlassung handeln. Es liegt nahe, eine endgültige Nutzungsüberlassung anzunehmen, wenn die Parteien im Hinblick auf die beabsichtigte Ehescheidung eine notariell beurkundete Scheidungsfolgenvereinbarung abgeschlossen und die Überlassung der Ehewohnung dort als endgültige Regelung bezeichnet haben. Auch eine privatschriftliche oder mündliche Absprache, die von den Ehegatten als endgültig angesehen wird, dürfte für eine endgültige Nutzungsüberlassung genügen. Der Vermieter kann jedoch allenfalls dann wegen unbefugter Gebrauchsüberlassung an Dritte abmahnen bzw. kündigen, wenn er die Vereinbarung der Eheleute kennt.
Eine zeitliche Grenze, ab der von einer endgültigen Nutzungsüberlassung auszugehen ist, soll nicht existieren, wie die Entscheidung zur Ehewohnung bei 13 Jahre andauernder Trennungsphase zeigt. Andererseits liegt es nahe, die Frist nach § 1361b Abs. 4 BGB heranzuziehen: Wenn nach Ablauf von 6 Monaten nach dem Auszug eines Ehegatten dessen ernstliche Rückkehrabsicht nicht bekundet und dadurch gesetzlich unwiderlegbar vermutet wird, dass er die Ehewohnung dem anderen Ehegatten zur alleinigen Nutzung überlassen hat, hat dies zunächst, vorbehaltlich einer entgegenstehenden späteren Regelung durch die Ehegatten, endgültigen Charakter.
Erst recht lässt die Entscheidung offen, was ein Vermieter im Räumungsprozess zur Endgültigkeit der Nutzungsüberlassung vortragen und wie er Beweis antreten soll, wenn es um formlose, mündliche Absprachen zwischen den Eheleuten und ihre innere Einstellung zur Trennung geht. Nicht nur der Vermieter müsste „über hellseherische Fähigkeiten verfügen“, wenn die Endgültigkeit der Nutzungsüberlassung in Frage steht, er müsste diese Fähigkeiten auch dem Gericht vermitteln können.
Beraterhinweis: Außer bei ganz eindeutigen Sachlagen (ein Ehegatte hat eine neue Familie gegründet, ist ausgewandert o.Ä. und hat sämtliche Brücken zum anderen Ehegatten und der Ehewohnung abgebrochen) und wenn auch keine explizit endgültige Vereinbarung getroffen wurde, dürfte es schwer sein, die Endgültigkeit der Nutzungsüberlassung und das Ende der Eigenschaft „Ehewohnung“ festzustellen. Anders ist es, wenn die Parteien seit mehr als einem Jahr getrennt leben und die Scheidung und Wohnungszuweisung betreiben. In diesem Fall muss das Gericht eine Räumungsentscheidung bis zur Rechtskraft der Entscheidung im Wohnungszuweisungsverfahren aussetzen.
IV. Fallkonstellationen
Folgende Konstellationen können dem Rechtsberater begegnen:
1. A und B bilden eine Wohngemeinschaft oder eine nichteheliche Lebensgemeinschaft. A zieht aus der Wohnung aus.
– Wenn A Alleinmieter ist, kann der Vermieter ihm wegen unerlaubter Überlassung der Wohnung an B nach Abmahnung kündigen. Beide verlieren die Wohnung. Umgekehrt kann A das Mietverhältnis kündigen oder einen Mietaufhebungsvertrag schließen, so dass auch B dann die Wohnung verlassen muss, weil er dem Vermieter gegenüber kein eigenes Recht zum Besitz hat.
– Wenn B Alleinmieter ist, bleibt er das. A kann gegen den Willen des B nicht in die Wohnung zurückkehren.
– Wenn beide Mieter sind und sich keine einvernehmliche Lösung findet, hat A nach allgemeiner Ansicht Anspruch darauf, dass B der gemeinsamen Kündigung der Wohnung zustimmt. Dies wird daraus hergeleitet, dass die Mieter eine Innengesellschaft i.S.d. § 705 BGB zwecks gemeinsamer Nutzung des Mietobjekts bilden; der endgültige Auszug aus der gemeinsamen Wohnung wird als konkludente Aufkündigung der BGB-Gesellschaft gewertet, die dann durch gemeinsame Kündigung des Mietverhältnisses abzuwickeln ist. Beide verlieren dann die Wohnung.
2. A und B sind Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner. A zieht aus der Wohnung aus.
Unabhängig davon, wer Mieter ist, gelten während der Trennung (= Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft, § 1567 Abs. 1 BGB) §§ 1361b BGB, 14 LPartG bis zur Rechtskraft der Ehescheidung bzw. Aufhebung der Partnerschaft. Der eine kann vom anderen gerichtlich durchsetzbar verlangen, dass ihm die gemeinsame Wohnung ganz oder zum Teil zur alleinigen Nutzung überlassen wird, wenn das nach Härtefallabwägung notwendig ist.
– Wenn A Alleinmieter ist, die Wohnung aber nicht mehr bewohnt, könnte der Vermieter das Mietverhältnis mit ihm kündigen mit der Folge, dass auch B die Wohnung verliert, nämlich dann, wenn die Überlassung der Wohnung durch A an B zur Alleinnutzung eine unbefugte Gebrauchsüberlassung wäre. In dieser Konstellation will die BGH-Entscheidung vom 12.6.2013 B schützen, indem sie unterstellt, dass die Wohnung in dieser Phase Ehewohnung bleibt und daher durch den nichtmietenden Ehegatten B weiter bewohnt werden darf, solange A die Wohnung nicht endgültig aufgibt. Wäre B nämlich Dritter i.S.d. § 540 Abs. 1 BGB, würden bei Vermieterkündigung A und B die Wohnung verlieren.
– Wenn A als Alleinmieter in dieser Phase, also vor einer gerichtlichen Regelung, das Mietverhältnis kündigt oder einen Mietaufhebungsvertrag schließt, gibt es mietrechtlich keinen Schutz für B. Auch familienrechtlich gibt es dann keinen Schutz für B. Denn im Verhältnis zum Vermieter ist die Kündigung rechtswirksam. § 1361b BGB gilt nur im Innenverhältnis der Ehegatten untereinander, die Vorschrift entfaltet keine Wirkung gegenüber dem Vermieter. Insofern ist diese Konstellation nicht anders als die oben beschriebene für nichteheliche Lebensgemeinschaften.
– Ist B Alleinmieter, kann A eine etwa gewünschte Rückkehr in die Ehewohnung mietrechtlich gesehen gegenüber B nicht erzwingen. Aus familienrechtlicher Sicht stehen A aber alle aufgezeigten Möglichkeiten nach §§ 1361b, 1568a BGB offen. § 1361b BGB soll von der Trennung bis zur Rechtskraft der Scheidung schützen, § 1568a im Anschluss daran. Sollte B allerdings das Mietverhältnis kündigen, hilft § 1361b BGB dem A nicht.
– Schließlich gibt es noch die Möglichkeit, dass kein Mietverhältnis mit den Ehepartnern besteht. Trotzdem kann nach § 1568a Abs. 5 BGB, 17 LPartG der Partner, der Anspruch auf Überlassung der Wohnung gegen den anderen hat, die Begründung eines Mietverhältnisses durch gerichtliche Regelung verlangen. Das gilt auch dann, wenn der Alleinmieter gekündigt hat, der andere Partner aber noch in der Wohnung wohnt – allerdings nur, wenn die Wohnung noch nicht weitervermietet ist.
V. Fazit
Das Mietrecht bietet mit den §§ 563 ff. BGB eine präzise und differenzierte Regelung für den Fall, dass ein Mieter verstirbt. Für den ebenfalls nicht ungewöhnlichen Fall, dass Lebenspartner oder Ehegatten sich trennen, fehlt eine solche Regelung. Der BGH hat mit seiner Entscheidung vom 12.6.2013 den in der Wohnung verbleibenden nichtmietenden Partner schützen wollen. Dieser Schutz ist aber auch nach dieser Entscheidung unzureichend, und zwar in der Phase ab der endgültigen Aufgabe der Ehewohnung durch den ausgezogenen mietenden Partner bis zu einer etwaigen Regelung nach § 1568a Abs. 3 BGB, sei es durch gemeinsame Erklärung der Partner nach Aufhebung der Partnerschaft bzw. Scheidung oder durch gerichtliche Wohnungszuweisung. Der BGH hat seine Entscheidung vom 12.6.2013 damit begründet, dass ansonsten die „Möglichkeit der Wohnungszuweisung (nach § 1361b BGB während des Getrenntlebens und nach § 1568a BGB für die Zeit nach Rechtskraft der Scheidung) unterlaufen“ werde. Dennoch bleibt in der Phase des Getrenntlebens eine Lücke im Schutz des verbleibenden, nichtmietenden Ehegatten bestehen.
Man könnte einen anderen Ansatz wählen und nicht auf die Auslegung der Begriffe der Ehewohnung bzw. des Dritten abstellen, sondern darauf, ob es einen Vertragsverstoß darstellt, wenn der ausgezogene Mieter seinen Partner die Wohnung weiter nutzen lässt. Auch dann bleibt unseres Erachtens die aufgezeigte „Schutzlücke“ offen, es sei denn, man billigt dem Mieter das Recht zu, die Wohnung seinem Ehegatten bzw. Lebenspartner praktisch unbegrenzt zu überlassen, so lange wie Ehe bzw. Partnerschaft nicht rechtskräftig beendet sind. Das mag familienrechtlich wünschenswert sein; ob das geltende Mietrecht dieses Ergebnis hergibt, erscheint uns zweifelhaft.
Veröffentlicht in: Der Miet-Rechtsberater MietRB 2014, 112